Ursula Strauss
STIMMEN DER AKADEMIE: FESTSCHRIFT ZUM 10. JUBILÄUM
„Ein ausgedehnter Glücksmoment“
Ursula Strauss spricht mit Oliver Stangl über die Wichtigkeit von Ehrungen, das Gemeinschaftsgefühl unter Filmschaffenden und den Ernst (bzw. Unernst) von Titeln.
Frau Strauss, sie waren vor einem Jahrzehnt bei der Gründung der Akademie des Österreichischen Films dabei. Wie und warum hat das alles eigentlich begonnen? Als „Verschwörung“ von ein paar einzelnen? Oder wurde hier etwas umgesetzt, das schon länger in der Luft lag?
Ich denke mal, es war keine Verschwörung, sondern einfach ein überfälliges Zusammentun der Filmbranche. Es war der Wunsch, eine Gemeinschaft, eine Community, eine Plattform zu haben, die über die einzelnen Gewerke, Departments und Verbände hinausgeht. Ich bin dazu gestoßen, nachdem allmählich publik wurde, dass es da eine Gemeinschaft gibt und die Akademie gegründet wird. Ich wurde gefragt, ob ich Mitglied werden will – was ich dann auch wurde. Außerdem war ich von Anfang an bei einigen Pressekonferenzen dabei. Zu Beginn haben ja Karl Markovics und Barbara Albert die Präsidentschaft gestellt. Und als danach Stefan Ruzowitzky und, zu meiner Überraschung, auch ich gefragt wurden ob wir dieses Amt übernehmen möchten, habe ich dies als große Ehre und Freude empfunden.
Man sagt Österreich ja nach, ein sehr titelverrücktes Land zu sein. Sind Sie oft als „Frau Präsidentin“ angesprochen worden?
Ja, lustigerweise schon. Manchmal hat man sich, glaube ich, ein wenig darüber lustig gemacht – in Österreich liegen ja Ehrfurcht und Schmäh sehr nahe beieinander. Mir ist der Titel ein paar Mal süffisant begegnet, ein paar Mal liebevoll, ein paar Mal wohlgemeint – und oft auch nur respektvoll.
Mit dem Wort Präsident bzw. Präsidentin verbindet man ja oft Politik – würden Sie sagen, dass Sie eine politische Präsidentin sind?
Eine film- und gesellschaftspolitische Präsidentin, aber keine parteipolitische. Was ich wichtig finde, ist, dass Frauen für die gleiche Arbeit gleich bezahlt werden und die gleiche Chance auf Jobs haben sollten. Ich habe das Gefühl, dass die Formen des Sexismus, die früher nicht nur in unserer Branche verbreitet waren, es nicht mehr so leicht haben. Man darf aber nicht aufhören, an dieser Sache zu arbeiten, nur weil man denkt, es sei ein wenig besser geworden.
Wenn Sie an die mittlerweile sechsjährige Präsidentschaft zurückdenken: Fallen Ihnen da besonders denkwürdige, schöne oder auch schwierige Momente ein?
Die besonders schönen Momente nimmt man oft gar nicht so intensiv wahr wie die Peaks an Konflikten. Im Moment finde ich es besonders schön, dass es diese Akademie gibt. Das ist ein Umstand, der über einen einzelnen Moment hinausdauert und deshalb oft nicht so gewürdigt wird. Das Schöne ist, dass es diese Gemeinschaft gibt und dass sie innerhalb kürzester Zeit unheimlich gewachsen ist – das empfinde ich als extremen Erfolg. Im Grunde ist das ein ausgedehnter Glücksmoment.
Was hat die Akademie des Österreichischen Films, was hat der Österreichische Filmpreis bewirkt? Und was vielleicht nicht? Wo muss man noch ansetzen, was fehlt?
Bewirkt hat er auf jeden Fall ein großes Gemeinschaftsgefühl, außerdem ist die Kommunikationsplattform in der Branche viel größer geworden. Woran man noch arbeiten muss, ist am Verständnis, dass man als Plattform nicht alle Probleme lösen kann und dass man, wenn man etwas bewirken will, dass Schiff geschickt steuern muss. Woran man arbeiten muss, ist die Offenheit von verschiedenen Standpunkten und das gegenseitige Verständnis dafür.
Sie haben den Österreichischen Filmpreis in der Kategorie Beste Weibliche Hauptrolle erhalten. Was bedeuten Ihnen Preise persönlich? Und was können diese für die heimischen Filmschaffenden bzw. Branchen bedeuten?
Für mich persönlich ist es wahnsinnig schön, von der Branche für eine Leistung gewürdigt zu werden. Bei mir ist, auch wenn es abgedroschen klingen mag, der Weg das Ziel. Das Spannendste am Arbeiten ist die Arbeit selbst: Figuren zu finden, am Set zu stehen und dieses Erlebnis zu haben, Gemeinschaft zu erleben, das gemeinsame inhaltliche Arbeiten. Es ist eine Respektsbekundung, einen Preis von der Branche zu erhalten – ernstgenommen zu werden für das, was man arbeitet. Es ist ein äußeres Zeichen, und ich glaube, es ist auch das, was es braucht, um in Österreich die Menschen wieder verstärkt ins Kino zu bringen: eine große Öffentlichkeit, die auch ein wenig mit Glamour verbunden ist. Ich glaube, es war auch notwendig, dass die Branche sich gegenseitig ernst nimmt, dass man sich traut zu sagen: „Wir können was, wir sind laut, nicht nur wenn es um politische Aspekte geht.“ Ich glaube, es ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit. Ich finde es einfach schön und wichtig, dass man einmal im Jahr die Branche feiern kann.
Wie sehen Sie die Zukunft der Akademie?
Ich finde es wichtig, dass man daran arbeitet, dass die Akademie weiterhin besteht. Es ist eine große Herausforderung, sich nicht zerreiben zu lassen. Stark zu bleiben, diese Gemeinschaft erhobenen Hauptes fortzuführen und weiter zu entwickeln. Es ist nicht immer einfach. Es ist mir auch wichtig zu sagen, dass das Team der Akademie eine unglaublich tolle Arbeit leistet. Ohne Vorstand, Geschäftsführung und alle, die mitarbeiten und im Büro sitzen … Das, was 1200 Leute dann einmal im Jahr feiern, würde es ohne dieses Team nicht geben.
Schauspielerin Ursula Strauss ist Gründungsmitglied der Akademie des Österreichischen Films. 2013 hat sie gemeinsam mit Regisseur Stefan Ruzowitzky die Präsidentschaft übernommen.