Karl Markovics

STIMMEN DER AKADEMIE: FESTSCHRIFT ZUM 10. JUBILÄUM

Kunst verändert die Welt. Ein Text von Karl Markovics aus dem Jahr 2013

Wer behauptet, Kunst verändere nichts, irrt. Veränderung ist das Wesen der Kunst – ihre Form, ihr Inhalt und ihr Ausdruck.

Kafkas „Verwandlung“, Bachs „Goldberg-Variationen“, van Goghs „Sonnenblumen“, Le Corbusiers „Ronchamp-Kapelle“ – niemand, der diese Werke gelesen, gehört oder gesehen hat, kann die Welt danach auf dieselbe Art wahrnehmen, wie davor.

Wenn wir uns darin fügten, dass Kunst nur sich selbst genügte, oder der Schönheit, der Lust oder Laune, wäre unsere Welt, was sie ohnedies ist. Aber was ist unsere Welt? Kann man einen Zustand überhaupt wahrnehmen? Ist es nicht eher so, dass erst die Veränderung von einem Zustand zum nächsten, die Bewegung von „ist“ nach „ist nicht mehr“, unseren Sinnen den Impuls des Erkennens gibt?

Warum ausgerechnet so viele Künstler behaupten, dass ihre Arbeit nichts verändere, ist mir ein Rätsel und macht micht gelegentlich wütend. Wenn es überhaupt etwas gibt, was Kunst kann, so ist es das.

Kunst verändert die Welt, indem sie ihr ein ständig neues Gesicht gibt. Kunst kann zur „Kenntlichkeit entstellen“, uns aus unserer Alltäglichkeit herausreißen und uns noch im Fremdesten auf uns selbst zurückwerfen.

Was das alles mit Film zu tun hat, müssen Sie schon selbst sehen.

Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Karl Markovics war bis 2013 Präsident der Akademie des Österreichischen Films.