Josef Aichholzer
STIMMEN DER AKADEMIE: FESTSCHRIFT ZUM 10. JUBILÄUM
10 Jahre Akademie des Österreichischen Films. Ein Statement des Gründungsobmanns.
Etliche Jahre sind vergangen, seit denen man weltweit des 100-jährigen Bestehens des Films gedachte. Das Filmschaffen entwickelt sich in seiner Narration, seiner Technik wie in seiner Vermarktung weiter. Es ist ja – sprichwörtlich – das Abbild der Gesellschaft.
Die letzten Jahre prägte die neue Internetverwertung den Filmmarkt. „Hat Fernsehen überhaupt noch eine Zukunft gegen die aufkommenden Internetangebote mit ihren anscheinend zeitgemäßeren, weil jederzeit nutzbaren Bibliotheken?“, wurde lautstark gefragt. Mittlerweile beginnen beide Anbieter, vermehrt zu kooperieren und sich anzunähern.
Für das Filmschaffen stellt dieser neue Markt eine Bereicherung dar. Horizontal gestaltete serielle Geschichten ermöglichen breiteres Erzählen und bereichern damit filmische Narration. Logisch, dass gerade „große“ Kinoregisseure/innen für diese Projekte gewonnen werden können. Es wird spannend mitzuerleben, wie sich dadurch auch das Kino der nächsten Jahre verändern wird.
Akademien erkunden kontinuierlich die Filmarbeit und bieten damit einen geeigneten Ort, dies auszuloten. Die Akademie des österreichischen Films blickt zurück auf die ersten 10 Jahre ihres Bestehens. Vor einem Jahrzehnt wurde sie von einer zunächst kleineren Gruppe österreichischer Filmschaffenden gegründet, um sich in den Chor weltweiter Akademien einzureihen, denen daran liegt, dem jeweils nationalen Filmschaffen einen Ort der Begegnung zu bieten sowie die Filme jährlich zu bewerten, zu diskutieren und zu würdigen – und dafür die Aufmerksamkeit einer größeren Öffentlichkeit zu gewinnen.
10 Jahre lassen erkennen, wie sich das nationale Filmschaffen entwickelt und verändert hat. Im Kontext zur 10. Gala im Jänner 2020 wird ein Jahr lang ein Spot auf verschiedene Fachbereiche filmischen Arbeitens geworfen, um so die Erfahrungen aus der Vergangenheit und die Aufgaben der Zukunft zu diskutieren. Wie legt ein/e Schauspieler/in seine/ihre Arbeit an, wenn er/sie erstmals in das Regiefach wechselt? Wie erweitern digitale Techniken die Kameraarbeit? Wie beeinflusst das politische Geschehen filmische Formate? – Um nur einige mögliche Fragestellungen zu erwähnen.
Die Akademie hat eine grundlegende Aufgabe: Dem österreichischen Filmschaffen in all seinen Facetten zu dienen. Daher steht sie für gute Arbeitsbedingungen ein und macht die Politik auch darauf aufmerksam, dass in den Ländern um Österreich große Investitionen in den wachsenden Herstellungsmarkt getätigt werden, entsprechende Maßnahmen in Österreich ausbleiben, obwohl der österreichische Film ein hohes internationales Ansehen genießt, und dies für das heimische Filmschaffens zusehends zum Nachteil wird.
Wir leben in einer Zeit großer politischer Spannungen. Daher ist der Aufruf zum politischen Engagement verständlich. In der Tat gibt es große politische Aufgaben. Seit der Wirtschaftskrise 2008 geht die Kluft zwischen arm und reich noch weiter auseinander; die Reichen bereichern sich nur noch mehr als zuvor und festigen damit ihre Macht. Europa hat Afrika jahrhundertelang ausgebeutet und damit seinen Reichtum aufgebaut, nun sieht es zu, wie zahllose Menschen von dort fliehen und jährlich im Mittelmeer sterben. Seit Jahrzehnten liegen die Ziffern über die Zerstörung der Umwelt vor und die Lage wird für die nachkommende Generation dramatisch. – Filmschaffen ist auch eine kulturelle Arbeit und allein daher zur Anteilnahme am gesellschaftlichen Leben und Stellungnahme zu diesen Fragen verpflichtet.
Die Akademie ist keine politische Partei, daher nimmt sie auch nicht zur Parteienpolitik oder zur Tagespolitik Stellung. Sie erhebt ihre Stimme in Absprache mit anderen europäischen Akademien, wenn es um humane Katastrophen geht, wie im Falle eingekerkerter und erkrankter Filmschaffender.
Es sind unsere Filme, mit denen wir als Filmschaffende zur Gesellschaft Stellung nehmen. Sei es der Film „Die beste aller Welten“ mit seiner beherzten Erzählung eines Kinderschicksals. Sei es der Film „Waldheims Walzer“ mit seiner nüchternen Abbildung kalkulierten politischen Antisemitismus. Sei es der Film „Womit haben wir das verdient?“, der sich eines Themas annimmt, das die einen meiden und die anderen missbrauchen. Um nur einige Beispiele aus rund 500 Filmen der letzten zehn Jahre zu nennen.
Und es sind einzelne Mitglieder, die sich als Zivilpersonen für ein besseres gesellschaftliches Leben engagieren – sei es für die Erhaltung des Radiokulturhauses, sei es durch die Aufnahme eines Flüchtlings, sei es durch die Unterstützung von Menschen in prekären Lebensverhältnissen. Sie alle bilden einen Teil des Chores einer Zivilgesellschaft, ohne der unser aller Zusammenleben weniger lebenswert wäre.
Josef Aichholzer ist Filmproduzent. Von ihrer Gründung an bis 2019 war er Obmann der Akademie des Österreichischen Films.