„Ein wertvolles Instrument der Selbstdarstellung“
Harald Sicheritz, Regisseur und Gründungsmitglied der Akademie des Österreichischen Films, im Gespräch mit Oliver Stangl über die Feier der Filmkunst, die Förderung von Diskussionen und das Menschliche an Ehrungen.
Herr Sicheritz, sie waren vor einem Jahrzehnt bei der Gründung der Akademie des Österreichischen Films dabei. Davor schien es lange schien es so, als würde der österreichische Film auf Festivals sein Auskommen finden. Wie entstand damals das Bedürfnis nach einer heimischen Akademie bzw. einem Filmpreis?
Österreichische Filme feiern bei den Festivals dieser Welt immer wieder feine Erfolge. Das liegt zum einen an der hohen Qualität dieser Filme. Zum anderen wohl auch daran, dass den in Österreich Filmschaffenden die kleinhöfische Mentalität des internationalen Festivalbetriebs an der Seele vertraut ist. Das Bedürfnis danach, jegliche öffentliche Wahrnehmung des österreichischen Films auch im eigenen Land zu fördern, halte ich für selbstverständlich und kulturimmanent.
Ende Jänner 2020 feiert der Österreichische Filmpreis sein 10. Jubiläum – kann man von einer Erfolgsgeschichte oder einer Selbstverständlichkeit sprechen?
Alles, was in Österreich nicht pränatal abgewürgt wird und tatsächlich das Licht der Welt erblickt, bedeutet eine strahlende Erfolgsgeschichte. In unserem schönen Land ist bestenfalls Misantrophie selbstverständlich.
Was ist die Akademie für Sie persönlich? Ort der Kommunikation, Interessensvertretung, Werkzeug zur Feier der Filmkunst oder etwas gänzlich anderes?
Die Akademie ist ein wertvolles Instrument der Selbstdarstellung des nur in seiner Gesamtheit wertvollen, österreichischen Filmschaffens. Und, wie durch ein Wunder finden die heimischen Filmschaffenden bislang mit nur einer einzigen Akademie das Auslangen.
Haben Sie prägende bzw. spannende Erinnerungen an vergangene Galas?
Für mich war und ist der simple Umstand, dass an einem Abend ausnahmslos alle Filmemacherinnen und -macher eingeladen sind, sich selbst, die eigene Kunst zu feiern, prägend und spannend.
Wie hat sich der österreichische Film, die österreichische Filmszene in diesen zehn Jahren verändert?
Mir fällt vor allem das wachsende Selbstbewusstsein der Filmschaffenden auf – im Individuellen wie im Kollektiven. Das ist gut, richtig und wichtig.
Und verleitet mich zu der Hoffnung, dass zum Beispiel die vom Feuilleton herbeigeschriebenen Befeindungen zwischen E und U endgültig eingestellt werden. Selbstbewusste Künstlerinnen und Künstler widerstehen intrigantem Populismus leichter.
Was hat die Akademie des Österreichischen Films, was hat der Österreichische Filmpreis bewirkt? Und was vielleicht nicht? Wo muss man noch ansetzen, was fehlt?
Die Akademie und der von ihr verliehene Preis hat eine einigende, kollektive Selbstwahrnehmung in der Branche bewirkt. Das passiert in der Kunst höchst selten.
Die Akademie kann dies dadurch verstärken bzw. am Leben erhalten, indem sie die breite Diskussion von Themen des Filmalltags noch stärker fördert. Sie könnte auch noch mehr Mut im Ausprobieren beweisen – zum Beispiel beim Wahlprozedere.
Was bedeuten Ihnen Preise bzw. Nominierungen persönlich? Und was können diese für die heimischen Filmschaffenden bzw. Branchen bedeuten?
Ehren ist menschlich. Deshalb würde es natürlich auch mich rühren, irgendwann für irgendetwas nominiert zu werden. Schon deshalb, weil es bei etlichen Kleingeistern Schnappatmung auslösen würde.
Sie gelten als Spezialist auf dem Gebiet der Komödie. Finden Sie dieses Genre ausreichend bei den Preisverleihungen vertreten?
Charmant, wie rhetorisch diese Frage ist – alles Komödiantische ist im Festivalbetrieb ebenso unterrepräsentiert wie im internationalen Filmschaffen. Faszinierend, wie die Auseinandersetzung mit der höchsten dramatischen Kunst gehandhabt wird – nämlich durch großflächigen Verzicht darauf. Betroffenheit ist eben sehr viel leichter zu erzeugen als ein ernsthaftes Lachen.